Die Bauarbeiten im Steinhagerner Schlichte-Carree ruhen.
Der Grund: Bevor die Renovierungsarbeiten an der Fassade weitergehen können, muss erst die marode rund 80 Jahre alte Schnapsflasche auf dem Dach ausgetauscht werden. Doch es war gar nicht so einfach, eine derart riesige Flasche neu produzieren zu lassen. Geschafft hat es eine Firma aus Großröhrsdorf in der Nähe von Dresden.
Vor wenigen Tagen hatte Horst Neugebauer die fast fertige XXL-Kruke das erste Mal zu sehen bekommen. Der Geschäftsführer der Perus GmbH & Co.KG, die das Schlichte-Carree verwaltet, ist nach Ostdeutschland gereist und hat dort das weitere Vorgehen besprochen.
Jeder kann ein Stück Steinhagens Wahrzeichen bekommen.
„Die Kruke befindet sich sozusagen im Rohbau. Es muss noch eine Luke eingebaut werden, damit sie für Revisionsarbeiten betreten werden kann. Und dann muss sie noch lackiert werden“, berichtet Horst Neugebauer.
Hergestellt wurde sie diesmal nicht aus Beton, sondern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Noch immer sei nicht entschieden, ob die Flasche wie bisher grün sein wird wie eine Glasflasche oder braun wie eine Tonkruke. Darüber müssen sich die Gesellschafter der Perus GmbH & Co.KG – das sind die Annette-Schlichte-Steinhäger-Stiftung, die Schlichte Beteiligungs GmbH und die König-Vermögensverwaltung – jetzt schnell einig werden.
Hergestellt wurde Steinhagens Wahrzeichen von der Firma Haase Tank. Das mittelständische Unternehmen aus der Nähe von Dresden produziert normalerweise riesige Rohre für den Tiefbau und Tankbehälter. „Eine Kruke haben die natürliche noch nie produziert. Aber sie haben das nötige Know-how“, so Horst Neugebauer. „Wir haben denen vorher drei, vier kleine Flaschen als Muster hingeschickt.“ Nach der erfolgreichen Abnahme durch den Perus-Chef bekommt die Flasche jetzt eine Luke und wird anschließend lackiert.
Anfang August soll mit dem Abbruch der alten Kruke auf dem Dach des Schlichte-Carrees begonnen werden. Wie Horst Neugebauer erläutert, könne die alte Betonflasche nicht als Ganzes vom Dach genommen werden. Sie werde vielmehr Stück für Stück abgebrochen. Damit ergibt sich für Lokalpatrioten und Steinhäger-Fans eine seltene Möglichkeit: „Wir werden unten im Schlichte-Carree eine Mulde stehen haben. Und wer möchte, kann sich gern ein Stück von der alten Kruke als Andenken mitnehmen“, so der Perus-Geschäftsführer. Aus der maroden Flasche werden also originelle Souvenirs.
Im Anschluss bekommt der Turm eine neue Betondecke, auf der die neue Kruke aufgestellt wird. „Der neue Betonboden muss dann erst mal austrocken. Ich gehe davon aus, dass Steinhagen vier Wochen ohne die Kruke sein wird“, schätzt Horst Neugebauer. Vorraussichtlich im September soll das neue Schmuckstück aus Ostdeutschland dann angeliefert werden. „Die Mitarbeiter der Firma prügeln sich schon darum, wer mit nach Steinhagen fahren darf“, erzählt Neugebauer schmunzelnd. Der Geschäftsführer Thomas Wobst – so viel sei klar – werde auf jeden Fall dabei sein und sich die Installation der Flasche nicht entgehen lassen.
Zwei Kräne heben riesige Schnapsflasche auf den Turm
Die 3,5 Tonnen schwere XXL-Kruke werde dann mit zwei Kränen sofort auf den Turm im Schlichte-Carree gehoben. „Innerhalb von drei Stunden ist die auf dem Dach“, sagt Horst Neugebauer. Den genauen Termin für das Spektakel will er rechtzeitig bekannt geben. „Denn wir möchten die Menschen in Steinhagen bei diesem besonderen Moment gern mitnehmen.“
Was die Größe angehe, so hat die neue Flasche dieselben Maße wie ihr Vorgängermodell. Das heißt, mit Sockel wird sie 6,48 Meter hoch sein. Der Austausch der Kruke war nicht von langer Hand geplant. Eher im Gegenteil. Bei der Sanierung des Gebäudes waren im vergangenen Jahr massive Schäden an der Flasche und dem Dach des Turms festgestellt worden. Ursprünglich war lediglich vorgesehen, den Turm neu zu verkleiden und der Flasche einen frischen Anstrich zu verpassen. Für die Verantwortlichen war schnell klar, dass Steinhagens Wahrzeichen gerettet werden muss. „Die Flasche auf dem Dach bringt uns keine Miete, aber sie ist identitätsstiftend für das gesamte Schlichte-Carree und für ganz Steinhagen“, hatte Horst Neugebauer damals im Gespräch mit dem „Haller Kreisblatt“ gesagt.
Sobald die neue Flasche dem Turm thront, kann die Sanierung der Fassade zu Ende gebracht werden. Der Turm wird mit Lärchenholz verkleidet. Leuchtröhren sollen Steinhagens Wahrzeichen und zugleich imposante Sehenswürdigkeit bei Dunkelheit in Szene setzen.
- geschrieben von Herr Frank Jasper
